Der Wassermann kommt

Er verteilt das kostbare Wasser nach Minuten

Für die Orangenplantagen auf Mallorca beginnt jedes Jahr ab etwa Mai, zusammen mit der immer höher steigenden Sonne, die Zeit der intensiven Bewässerung.

 

Hilfe bringt der Wassermann. Er macht sich in den frühen Morgenstunden auf den Weg, um all die Orangenfincas und die reich bestückten Obstbäume mit dem köstlichen, lebensnotwendigen Gut zu versorgen. Hoch oben im Tramuntana Gebirge, dem Weltkulturerbe Mallorcas, entspringen viele kräftig sprudelnde Quellen. In Kanälen und Röhren wird das gurgelnde Nass über mehrere Kilometer an den Berghängen entlang bis ins Tal geleitet. Manche Wasserwege sind viele Jahre alt und täglich oder wöchentlich nimmt frisches Bergwasser seinen Weg ins Tal.

Steinerner Wasserlauf in der Tramuntana

 

Die Quellen haben ihre Besitzer. Das sind zum Teil bis zu über 50 verschiedene "proprietarios" pro Quelle. Und jede Finca hat ihr Wasserrecht, das können pro Woche Minuten sein oder gar mehr als 10 Stunden. Das Wasserrecht wird verbrieft ge- und verkauft, wie ein Haus, oft auch mit einem Haus, bzw. Grundstück zusammen.
Zu Beginn des Sommers, wenn die Quelle voller Kraft sprudelt und noch viel Wasser da ist, fließt in der festgelegten Zeit meist mehr Wasser, als zum Sommerende in das auf allen Fincas vorhandene, gemauerte Wasserbecken (= den Estanque), oder direkt in die Bewässerungsgräben in den Obst- oder Gemüsegärten.

Hier sind schon die Bewässerungssysteme vorbereitet. Entweder liegen Schläuche mit feinen Löchern um die Bäume oder fein säuberliche Gräben durchziehen die Erde und bewässern die Bäume.
Jede Finca bekommt das Wasser zum abgesprochenen Zeitpunkt. Das ist dann die Aufgabe des Wassermanns, des Sequiers (von sequia = Wasserkanal): die Türchen und Tore in dem Kanal- und Rohrsystem so zu öffnen und zu schließen, dass das kühle und saubere Nass seinen richtigen Weg nimmt.